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Posted on January 8, 2018 at 6:00 PM |
Posted on January 6, 2018 at 3:10 PM |
Posted on November 22, 2017 at 11:55 AM |
Posted on November 13, 2017 at 6:00 PM |
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Posted on February 14, 2017 at 12:00 PM |
Mit Focusing können wir in unser Inneres spüren und erkennen, welche Blockaden unserer Lebensenergie im Wege stehen.
Für mich persönlich sind das häufig Situationen, in denen ich mehrere Dinge gleichzeitig tue. Die Möglichkeit zu kurzfristigem Multitasking ist zwar in unseren Genen angelegt und kann unser Überleben sichern, beispielsweise wenn ich versuche, mit einem potentiellen Angreifer zu verhandeln und gleichzeitig nach einem Fluchtweg suche. Langfristig reibt Multitasking aber unsere Nerven auf und schadet damit uns und unserem Körper. Eine Variante davon besteht darin, eine neue Aufgabe in Angriff zu nehmen, bevor eine alte beendet ist, und diese dann zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen, wodurch wiederum eine andere Aufgabe unterbrochen wird.
Ich bemühe mich daher, immer "nur eine Sache" zu machen - nur einen Handlungsablauf gleichzeitig auszuführen, erst dann eine neue Aufgabe zu beginnen, wenn eine alte abgearbeitet ist. Mittlerweile frühstücke ich erst und lese dann die Zeitung. Entweder fahre ich Auto oder ich höre Radio, aber nicht beides gleichzeitig.
Wenn ich in Stress gerate, hilft mir die Philosophie der "nur einen Sache", meine innere Mitte wiederzufinden. Tatsächlich schaffe ich dadurch nicht weniger als durch Multitasking, sondern ungefähr genauso viel - nur entspannter.
Posted on February 7, 2017 at 10:40 AM |
Vor so ziemlich genau zehn Jahren, im Jahre 2007, habe ich an einem Focusing-Seminar von Johannes Wiltschko im westfälischen Münster teilgenommen. Ich erinnere mich daran, dass Johannes wenig Theorie vermittelt hat. Stattdessen führte er uns durch zahlreiche Übungen, was mit sehr gut gefiel.
Eine dieser Übungen hieß "Der gute Ort im Körper". Damals war es mir nicht bewusst, aber der positive Effekt, der sich damals einstellte, ist heute, zehn Jahre später, immer noch spürbar und abrufbar. Diese Übung hat einen wirklichen Unterschied in meinem Leben gemacht.
Ich möchte sie Ihnen hier vorstellen und Sie durch die Übung führen. Ziel der Übung ist es, einen Ort im Körper zu finden, eine Stelle, die sich gut anfühlt, oder zumindest neutral, egal, wie mies es im Leben gerade läuft und wie schlecht sich der restliche Körper anfühlt. Eine solche Stelle gibt es immer, man muss sie nur finden und bewusst wahrnehmen. Also:
Machen Sie es sich bequem... Lassen Sie Ihren Körper eine Haltung finden, die sich angenehm anfühlt... Spüren Sie dann Ihren Körper als eine Form, als eine Einheit, im Raum um Sie herum... Lassen Sie dann Ihre Aufmerksamkeit ganz behutsam in Ihren Körper kommen... Vielleicht als Erstes in die Füße... Spüren Sie, was Ihre Füße berühren... Lassen Sie dann Ihre Aufmerksamkeit etwas hinaufgleiten... in die Unterschenkel... die Knie... die Oberschenkel... Spüren Sie den Kontakt Ihres Körpers zur Sitzunterlage... Spüren Sie die Punkte, an denen Ihr Körper die Sitzunterlage berührt... Nehmen Sie wahr, wie Sie gehalten und getragen werden... Und lassen Sie sich in diese Unterstützung hineinsinken... Spüren Sie Ihren unteren Rücken... den oberen Rücken... Ihre Schultern... Nehmen Sie Ihre Oberarme wahr... und die Unterarme... Spüren Sie Ihre Hände... was Ihre Hände berühren... Schließen Sie auch Ihren Kopf mit ein in Ihre Aufmerksamkeit...
Lassen Sie dann ganz sanft Ihre Aufmerksamkeit nach innen gehen... in den Hals... den Brustkorb... den Magen und den Bauch... Und kommen Sie wirklich ganz dort an... dort im Inneren Ihrer selbst... so als wäre dort Ihr Zentrum... Ihr Zuhause... Und spüren Sie dann nach, wo in Ihrem Körper es sich gut anfühlt... gelöst... offen... frei... oder zumindest neutral...
(Und wenn sich zuerst Bereiche melden, die sich nicht gut anfühlen, wo es weh tut, oder verkrampft ist oder etwas arbeitet, dann ist das natürlich okay. Erkennen Sie diese Stellen einfach an: "Ja, so fühlt sich das an dort.")
Halten Sie auch Ausschau an Orten, zu denen Sie gewöhnlich nicht hinspüren, wie etwa die Zehenspitzen oder die Handflächen... Vielleicht finden Sie auch nur einen ganz kleinen Ort, groß wie eine Erbse, und das ist völlig okay... Nehmen Sie sich wirklich viel Zeit dafür, durch Ihren Körper zu wandern, wie durch eine Landschaft...
Und wenn Sie einen Ort gefunden haben, bleiben Sie dort mit Ihrer Aufmerksamkeit... und beschreiben Sie ihn so genau wie möglich... Wie sieht es dort aus... Welche Farben und Formen gibt es... Wie ist die Temperatur... Wie das Körpergefühl... Und welche emotionale Qualität beschreibt die Stimmung dort am besten...
Sobald Sie eine möglichst passende Beschreibung gefunden haben, bleiben Sie eine Weile da und genießen Sie es, einfach dort zu sein, dort an Ihrem ganz persönlichen guten Ort in Ihrem Körper...
Wenn der Zeitpunkt aufzuhören kommt, lassen Sie diesen Ort wissen, dass Sie bald an ihn zurückkehren werden, und bedanken Sie sich bei ihm... Lassen Sie dann Ihre Aufmerksamkeit wieder weiter werden... Nehmen Sie wieder den Raum um sich herum wahr... und kommen Sie zurück...
Durch diese Übung habe ich einen Ort in meinem Körper gefunden, der sich IMMER gut anfühlt, wo ich IMMER Zuflucht finden kann, egal, was um mich herum oder an anderen Stellen in meinem Körper gerade geschieht.
Möge es auch Ihnen gelingen, einen solchen Ort in sich zu finden. Gelingt Ihnen das nicht gleich zu Anfang, machen Sie sich keinen Stress. Suchen Sie einfach nach einer Stelle, an der es sich jetzt gerade angenehm anfühlt oder zumindest neutral. Morgen ist das vielleicht eine andere Stelle. Mit dieser Übung können Sie immer wieder den Weg an einen Ort finden, an dem Sie es gut aushalten können.
Posted on January 30, 2017 at 6:00 PM |
Schwitzen hat eine wichtige körperliche Funktion. Wenn man sich körperlich anstrengt, bildet sich Schweiß, damit der Körper gekühlt wird und die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt.
Auch der sogenannte "Angstschweiß" entsteht aus gutem Grund. Sieht sich der Organismus mit einer Gefahr konfrontiert, mobilisiert er blitzschnell eine Angriffs- oder Fluchtreaktion. Die damit verbundene Veränderung der Körperchemie führt zum Schweißausbruch, was mehrere positive Auswirkungen hat. So wird die Haut unter anderem glitschiger, so dass ein möglicher Feind es schwerer hat, einen festzuhalten. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Angstschweiß eine soziale Funktion erfüllt. Er riecht anders und warnt Gruppenmitglieder vor einer potenziellen Gefahr.
In der heutigen Zeit sehen wir uns - Gott sei Dank - nur selten mit Gefahren für Leib und Leben konfrontiert, auf die wir mit Angriff, Flucht oder der Warnung von Gruppenmitgliedern reagieren müssen. Führt eine angstauslösende Situation zu einem Schweißausbruch, ist das häufig sehr unangenehm. Andere können die Schweißflecken in der Kleidung sehen und den Geruch wahrnehmen.
Es gibt viele wirksame Strategien/Therapien zur Reduzierung von Angst, denn nicht die tatsächliche, reale Gefahr in der äußeren Welt entscheidet darüber, ob eine Angstreaktion ausgelöst wird oder nicht, sondern die subjektive Einschätzung, ob eine Gefahr besteht.
Hier möchte ich einen Sonderfall einer Angstreaktion besprechen, nämlich die Angst vorm Schwitzen. Es ist ein Teufelskreis: Ich habe Angst zu schwitzen, die Angst löst Schweißbildung aus (was physiologisch völlig sinnlos ist), diese Schweißbildung bestätigt die Angst und steigert sie, was wiederum zu weiteren Schweißausbrüchen führt.
Wie kann man diesen Teufelskreis durchbrechen? Der gut gemeinte Hinweis, dass alles nur "Kopfsache" sei, hilft nicht nur nicht weiter, sondern macht alles nur noch schlimmer, denn wenn es mir nicht gelingt, das Problem "vom Kopf her" zu lösen, gesellt sich zum Schweiß und der Angst noch das Gefühl, ein Versager zu sein.
Focusing als körperbasierter Prozess kann diesen Teufelskreis auflösen. Wenn Sie das nächste Mal Angst spüren, in Schweiß auszubrechen, sagen Sie in Ihrem Inneren:
"Ich spüre etwas in mir, das Angst hat zu schwitzen."
Spüren Sie dann nach, ob Sie die Angst in Ihrem Körper wahrnehmen können. Ist sie im Hals, im Bauch, in der Brust oder woanders? Wenn Sie einen körperlichen Ort gefunden haben, legen Sie sanft Ihre Hand auf die Stelle und sagen Sie zu ihr:
"Ich spüre, du bist da. Und ich spüre, du hast Angst zu schwitzen."
(Wenn Sie keinen körperlichen Ort entdecken, ist das auch okay. Erkennen Sie dann mit Hilfe des obigen Satzes einfach an, dass es etwas in Ihnen gibt - irgendwo - das Angst hat.)
Spüren Sie dann ganz genau nach, worauf sich die Angst richtet, was passieren könnte, was nicht passieren soll, wenn Sie schwitzen. Geht es um soziale Ausgrenzung oder darum, dass Sie sich nicht wohlfühlen in Ihrer Haut? Nehmen Sie sich viel Zeit dafür. Es ist wichtig, die Sorgen, was passieren könnte, bis ins letzte Detail zu hören.
Sollten Sie während des Prozesses in Schweiß ausbrechen, erkennen Sie auch das an:
"Ich spüre, dass ich im Bereich xyz anfange zu schwitzen."
Erinnern Sie sich daran, dass Sie nicht die schwitzenden Körperstellen sind und auch nicht das in Ihnen, was Angst davor hat. Sie sind diejenige/derjenige, die/der sich beiden Empfindungen zuwenden kann, sie spüren kann und ihnen, falls nötig, zuhören kann. Diese Trennung zwischen MIR und DEM, WAS ANGST HAT und DEM, WAS SCHWITZT, vermag den Teufelskreis zu durchbrechen.
Wenn Sie sich dabei meine Unterstützung wünschen, schreiben Sie mir!
Posted on January 23, 2017 at 6:00 PM |
Mein ganz persönlicher Focusing-Prozess zum neuen Präsidenten der USA:
Ich lasse meine Aufmerksamkeit ganz zu mir kommen... spüre meinen Körper als ganzen im Raum um mich herum... spüre meine Füße... meine Unterschenkel... meine Knie... meine Oberschenkel... Ich nehme den Kontakt meines Körpers zur Sitzunterlage wahr... den unteren Rücken... den oberen Rücken... spüre meine Oberarme... die Unterarme... die Hände...
Dann lasse ich meine Aufmerksamkeit ganz sanft nach innen gehen, ins Innere meines Körpers... in den Hals... den Brustkorb... den Magen... und den Bauch... Ich komme ganz dort an, dort im Inneren meiner selbst und bleibe ein wenig dort... mit ganz freundlichem Interesse...
Dann erinnere ich mich an mein Thema... den neuen US-Präsidenten... und spüre nach, wie sich dessen Wahl anfühlt, dort im Inneren...
Ich spüre einen Druck in der Brust... Ich überprüfe das Wort "Druck" an dem Gefühl... Ja, "Druck" beschreibt das gut... So als wolle dort etwas heraus... Etwas will schreien... Ich begrüße das... "Hallo, ich sehe du bist da, dort in meiner Brust... Und ich spüre, du willst schreien..." Ich spüre nach, ob es okay ist, etwas Zeit damit zu verbringen... Ja... Ich spüre nach, wie sich das, was schreien will, fühlt - von seinem Standpunkt aus... Es ist ungläubig... und empört... "Das kann doch wohl nicht wahr sein", sagt es... Ich lasse es wissen, dass ich es höre: "Ich spüre, wie ungläubig du bist und wie empört." Es möchte am liebsten um sich schlagen... Auch das spiegele ich ihm zurück. Es möchte laut schreien: "ICH BIN NICHT EINVERSTANDEN!" Und es möchte kotzen... voll auf den Boden, um das schlechte Gefühl loszuwerden... Und dann möchte es die Kotze wegwischen, und es möchte, dass das Thema damit erledigt ist...
Etwas in mir meldet sich und sagt: "So leicht werden wir den aber nicht los." Auch das erkenne ich an und schließe es mit ein in meine Aufmerksamkeit... Das erste, dort in der Brust, sagt: "Dann möchte ich aber wenigstens für Anstand kämpfen, und zwar so richtig laut. Ich möchte laut schreien, um für Anstand und Gerechtigkeit einzutreten." "Anstand" passt gut, spüre ich... "Gerechtigkeit" nicht so ganz... Eher... Wahrheit! Das ist es - Anstand und Wahrheit! Dafür möchte ich kämpfen! Und zwar laut! Ja, das passt...
Jetzt fühlt es sich innerlich schon viel besser an!
Posted on January 16, 2017 at 6:00 PM |
Mitgefühl ist eines der wirksamsten Gegengifte für alle Arten des Leidens. Sicher haben Sie das selbst schon einmal erlebt: Sie fühlen sich schlecht, treffen dann jemanden, dem Sie Ihr Herz ausschütten, Ihnen wird Mitgefühl und Verständnis entgegengebracht und plötzlich fühlen Sie sich deutlich besser. Nicht umsonst heißt es: "Geteiltes Leid ist halbes Leid."
Doch leider bekommen die meisten Menschen in unserer Gesellschaft viel weniger Mitgefühl und Verständnis, als sie es eigentlich bräuchten. Der Gedanke "wer leidet, ist selber schuld" ist uns so tief eingeimpft worden, dass nur die wenigsten von uns in der Lage sind, anderen Mitgefühl zu geben, ohne sie gleichzeitig für ihr Leid zu verurteilen und zu kritisieren. Umso wichtiger ist es zu lernen, wie man Mitgefühl für sich selbst entwickelt. Hier drei Schritte, die Sie auf dem Weg unterstützen können:
1. Es ist hilfreich, zwischen mir und dem in mir, das leidet, zu unterscheiden. Folgende Formulierung hat sich dabei bewährt:
"Ich spüre ETWAS in mir, das ... [leidet, Schmerzen hat, traurig ist, ängstlich ist etc.]
2. Erinnern Sie sich an eine Situation in Ihrem Leben, in der Ihnen ein anderer Mensch echtes Mitgefühl entgegengebracht hat. Spüren Sie in Ihrem Körper, wie sich das angefühlt hat. Lassen Sie das Gefühl voll und ganz da sein, in Ihrem Körper, und saugen Sie es ganz in sich auf.
Oder: Denken Sie an einen Menschen, für den SIE Mitgefühl empfinden. Wie fühlt sich das auf körperlicher Ebene an? Spüren Sie das Körpergefühl, vermutlich ist es irgendwie warm und fließend, und nehmen Sie es ganz in sich auf.
3. Richten Sie dann die Mitgefühl-Energie, die Sie bei Schritt 2 gesammelt haben, auf das Etwas in Ihnen, das leidet. Finden Sie einen Satz, der Ihr Mitgefühl für den Teil von Ihnen, dem es nicht gut geht, ausdrückt, z.B.:
"Ich spüre, wie sehr du leidest."
"Ich bin bei dir."
"Mögest du weniger leiden!"
"Ich kümmere mich um dich."
etc.
Falls im Laufe des Prozesses Gedanken auftauchen, wie "Ich habe kein Mitleid verdient", erkennen Sie diese an:
"Etwas in mir sagt, dass ich kein Mitleid verdient habe. Auch das ist da."
Die oben genannten Schritte sind keine Zauberformel, die Ihre Beziehung zu sich selbst von heute auf morgen umkrempelt. Das Maß an Mitgefühl eines Menschen für sich selbst ist abhängig von dem Mitgefühl, das Bezugspersonen ihm im Laufe seiner Entwicklung entgegengebracht haben. Wenn Ihre Bezugspersonen Ihnen nicht genug gegeben haben, scheuen Sie nicht davor zurück, sich neue Bezugspersonen zu suchen, eventuell sogar Therapeuten oder Trainer, die Mitgefühl für Sie haben und Sie dabei unterstützen, dieses Mitgefühl auf sich selbst zu übertragen.
Dabei und auf dem Weg dorthin können die oben genannten Schritte wertvolle Dienste leisten.
Posted on January 10, 2017 at 9:50 AM |
Am 20. Januar wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt - Donald Trump. Die Wahl Trumps am 8. November 2016 hat große Bestürzung und Verunsicherung in der Focusing-Gemeinschaft ausgelöst, vor allem in den USA. Trump steht für so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Focusing-Leute für richtig halten: Respektlosigkeit, Mangel an Empathie, Ausgrenzung etc.
In der Regel sind die Diskussionen in Focusing-Kreisen relativ unpolitisch. Im November 2016 wurde in den Gesprächsrunden mit Gene Gendlin, an denen ich teilgenommen habe, aber immer wieder das Thema Trump angesprochen. Gendlin selbst sagt, dass er nur schwachen Trost bieten könne. Er habe immer schon gewusst, dass die Hälfte des Landes rassistisch sei. Er vermutet, dass Trump als Präsident verantwortungsvoller handeln wird als im Wahlkampf. Wäre er nicht gewählt worden, so Gendlin, wären Trump und seine Anhänger auf die Straßen gegangen. Und das wäre vielleicht noch schlimmer geworden, sagt Gendlin. Er selbst habe es als Kind erlebt, was passiert, wenn Menschen wie Trump durch die Straßen ziehen. (Gendlin stammt aus einer jüdischen Familie und floh zusammen mit seinen Eltern aus Wien, als die Nazis die Macht übernahmen.)
Gendlin hat recht: All das ist nur ein schwacher Trost. Dass jemand wie Donald Trump Präsident der USA und somit der mächtigste Mann der Welt werden kann, ist für mich unerträglich. In Zeiten wie diesen ist es noch wichtiger, für Werte wie Mitmenschlichkeit, Mitgefühl, Akzeptanz etc., die auch der Focusing-Haltung zugrunde liegen, einzutreten und zu kämpfen!
Posted on January 2, 2017 at 6:00 PM |
Ich bin mit der Vorstellung aufgewachsen, dass man entweder positive Gefühle haben kann oder negative oder dass die Gefühle irgendwo im Bereich dazwischenliegen. Und dann kam mein erster Focusing-Workshop (bei Michael Helmkamp im Münster).
Ich erinnere mich noch ganz genau an den Moment, in dem ich auf dem Boden auf einer Matte saß, meine Augen waren geschlossen, die Sonne schien mir ins Gesicht und ich spürte eine Enge, eine Verkrampfung in der Brust. Und dann wurde mich bewusst, dass sich mein Bauch wunderbar frei anfühlte, leicht und locker. Mir wurde bewusst, dass sich etwas in mir, ein Bereich in meinem Körper, negativ anfühlte und ein anderer Bereich positiv. Wir konnte das sein?
Vermutlich war das schon immer so, ich hatte es nur nicht wahrgenommen. Entweder hatte ich das Angenehme gespürt und das Unangenehme ausgeblendet (obwohl es dann natürlich trotzdem noch da war und für Unbehagen gesorgt hat) oder umgekehrt. Seitdem weiß ich, dass es absolut möglich ist, mehrere, eventuell sogar völlig gegensätzliche Gefühle in sich zu tragen.
Und diese Erkenntnis birgt ungeahnte Möglichkeiten. Wenn sich etwas in mir schlecht fühlt, gibt es in der Regel auch einen Bereich, der sich gut anfühlt. Wenn ich mit meiner Aufmerksamkeit dorthin gehe und dort ein wenig bleibe, fällt es mir leichter, mich dem Schlechten zuzuwenden. Wenn ich mich überwiegend gut fühle und bewusst anerkenne, dass es auch etwas in mir gibt, das sich nicht so gut fühlt, wenn ich einen Raum schaffe, in dem das schlechte Gefühl sein darf, vergiftet es nicht das Angenehme in mir und ich kann es voll genießen - obwohl gleichzeitig auch das Unangenehme da ist.
So lässt sich das Leben viel besser aushalten!
Posted on December 26, 2016 at 6:00 PM |
Sind unsere Gedanken wirklich frei? Nicht völlig, denn ein Teil von ihnen wird generiert, ohne dass wir Einfluss darauf haben. Jeder kennt das: Es steigen Gedanken auf, die man eigentlich lieber nicht hätte, sie drehen sich im Kreise, wie ein Karussell, und man kann sie nicht stoppen, egal, wie sehr man sich auch anstrengt.
Was auf jeden Fall frei ist, ist unsere Aufmerksamkeit. Wir selbst entscheiden, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten und worauf nicht. Wir selbst entscheiden, womit wir uns beschäftigen und was wir ignorieren. Allerdings ist es so, dass vor allem das Negative in unserem Leben unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht wie ein Sog, dem man nur schwer entkommen kann. Der Grund dafür ist evolutionsbedingt. Unsere Vorfahren mussten sich sofort dem Negativen in ihrer Umwelt zuwenden, um zu überleben. Die Gefahren der grauen Vorzeit duldeten keinen Aufschub.
In der heutigen Zeit ist das anders. Unser Leben ist nicht mehr so gefährlich wie vor tausenden von Jahren. Trotzdem sorgt unser genetisches Erbe dafür, dass das Negative schnell von uns Besitz ergreift und uns nicht mehr loslässt. Im Focusing treten wir mit solchen Empfindungen auf eine Art und Weise in Beziehung, die es ihnen ermöglicht, sich zu wandeln und unseren Lebensfluss voranzutreiben.
Für mich persönlich ist es jedoch immer wichtiger geworden, meine Aufmerksamkeit auch ganz bewusst auf das Positive zu richten - sowohl in mir selbst als auch um mich herum. Was fühlt sich gut an in mir? Was ist offen und weit und voller Energie? Und wo in meinem Körper spüre ich das? Was in meiner Umgebung schenkt mir Kraft und Freude und welche Resonanz löst das in mir aus?
Mich dem Sog des Negativen zu entziehen und dem Positiven nachzuspüren und ihm Raum zu geben erfordert eine gewisse Anstrengung, eben weil die Tendenz, den Blick auf das Negative zu richten, in unseren Genen liegt. Doch die Anstrengung lohnt sich, denn so stärke ich meine Lebensfreude und meine inneren Ressourcen. Und die brauche ich, um mich dann mit neuer Frische dem Negativen in mir und der Welt zu stellen.
Für 2017 habe ich mir jedenfalls vorgenommen, meine Aufmerksamkeit noch bewusster auf all das Positive und Freudvolle in mir und meinem Leben zu richten.
Nächste Woche schreibe ich darüber, wie es möglich wird, etwas Positives zu spüren, wenn gleichzeitig auch negative Empfindungen da sind.
Posted on December 25, 2016 at 6:00 PM |
Gene Gendlin, der Begründer von Focusing, feiert heute seinen 90. Geburtstag! Er lebt nach wie vor in seiner eigenen Wohnung in New York, wo er rund um die Uhr von Pflegekräften betreut wird. Trotz seiner körperlichen Gebrechlichkeit ist sein Verstand immer noch messerscharf und er arbeitet weiter. Manchmal, so sagt er, ist er selbst überrascht, dass er noch da ist. Möge das möglichst lange so bleiben!
Posted on December 24, 2016 at 9:05 AM |
Im Focusing wenden wir uns unserem inneren Erleben zu und treten damit auf eine bestimmte Art und Weise in Beziehung. Dabei hat es sich als hilfreich erwiesen, das, was wir spüren, zunächst als "etwas" zu bezeichnen, z.B.: "Etwas in mir ist aufgebracht." Dadurch wird deutlich, dass es sich "nur" um etwas in mir handelt, und nicht um mich als ganzer Mensch. "Etwas in mir ist aufgebracht und ICH bin auch da. ICH kann mich dem Etwas in mir, das aufgebracht ist, zuwenden und ihm zuhören."
Natürlich ist das auch bei anderen Menschen so. Mir persönlich hilft es, das Etwas in anderen Menschen zu sehen, das gerade aktiv ist, vor allem dann, wenn diese Menschen ein Verhalten an den Tag legen, das ich nicht verstehe oder schwierig finde. Es handelt sich um "etwas" in dieser Person, "etwas in ihr oder ihm", das zu diesem Verhalten führt, nicht um den eigentlichen Menschen. Der eigentliche Mensch ist der, der mich anschaut, der hinter den Augen, wie es Gendlin einmal formuliert hat.
Diese Perspektive unterstützt mich dabei, dass das Etwas in der anderen Person nicht "etwas" in mir auslöst, das dann seinerseits ungünstig reagiert. In vielen Situationen halte ich so das schwierige Verhalten anderen Menschen aus und kann besonnen damit umgehen.
Posted on December 12, 2016 at 6:00 PM |
In einer Telefonkonferenz am 20.10.2016 sagte Gene Gendlin, der Vater von Focusing:
"Ich habe diese Annahme, dass fast jeder ohne genug Zuwendung aufgewachsen ist. Also bist du vermutlich ohne genug Zuwendung großgeworden. Dann ist es schwer, dir selbst Zuwendung zu geben. Das ist eine brandneue Idee - sich selbst Zuwendung zu geben."
Wie macht man das eigentlich - sich selbst zuzuwenden? Hier ist ein guter Anfang:
Wenn Sie das nächste Mal eine Emotion empfinden, spüren Sie nach, wo in Ihrem Körper Sie diese Emotion wahrnehmen. Legen Sie dann sanft Ihre Hand auf die Stelle und sagen Sie zu ihr: "Ich spüre, du bist da."
Posted on December 5, 2016 at 2:35 PM |
Auf die Frage nach Gott antwortet Eugene Gendlin, der Begründer von Focusing, dass es etwas gibt, das größer ist als wir selbst - "Das größere System" ("The Larger System").
Dieses Größere ist laut Gendlin immer schon da. Wir sind in ihm und es ist in uns. Wäre es nicht da, könnten wir nicht atmen, nicht gehen, nicht leben, erklärt Gendlin. Doch wenn wir versuchen, in Worte zu fassen, was dieses System ist, wenn wir versuchen, es zu definieren, so Gendlin, kommt dabei nur "Bullshit" heraus. Wenn wir uns einen "Gott" vorstellen und Konzepte aufstellen, um wen oder was es sich dabei handelt, verlieren wir den Kontakt dazu. Und darum geht es eigentlich. Es geht darum, uns damit zu verbinden, es in uns und um uns herum zu spüren.
Genau das ermöglicht Focusing. Focusing ist nicht nur (aber auch) ein Instrument der Selbsthilfe und eine Methode in der Psychotherapie. Es eröffnet uns ebenfalls eine ganz konkret spürbare spirituelle Dimension. Es ermöglicht uns zu spüren, dass wir mit allem um uns herum verbunden sind. Ich persönlich kann und möchte nicht ohne diese spirituelle Dimension leben.